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Was ist Logik?



Der folgende Text besteht aus der Einleitung zum Buch "Einstieg in die formale Logik"

In der Logik geht es um die Gültigkeit und Ungültigkeit von Schlüssen, unabhängig vom Gegenstand der Untersuchung. Diese kurze Bestimmung dessen, was Logik ist, soll im folgenden erläutert werden.

I. Logisches Schließen



Ein Schluß besteht aus einer Reihe von Aussagesätzen, in denen Wörter wie "also", "folglich", "daraus folgt", "deshalb", "somit", "impliziert" auftauchen. Diese Wörter nennen wir "Schlußwörter". Durch sie geben wir an, daß wir aus Sätzen, die wir Prämissen nennen, einen Satz schließen, den wir Konklusion nennen. Die Prämissen sind Sätze, die wir voraussetzen oder annehmen. Wir nennen die Prämissen auch "Annahmen". Als Schluß würden wir entsprechend die folgende Reihe von Sätzen betrachten:

Beispiel 1:

"Alle Spitzensportler sind ehrgeizig. Wer ehrgeizig ist, liebt die bewundernden Blicke der Mitmenschen. Also lieben alle Spitzensportler die bewundernden Blicke der Mitmenschen."

Die Sätze "Alle Spitzensportler sind ehrgeizig." und "Wer ehrgeizig ist, liebt die bewundernden Blicke der Mitmenschen." sind die Prämissen des Schlusses. Die Konklusion des Schlusses besteht aus dem Satz "Alle Spitzensportler lieben die bewundernden Blicke der Mitmenschen." Durch die Verwendung des Schlußwortes "also" behaupten wir, daß die Konklusion aus den Prämissen folgt. Kriterien dafür zu liefern, wann genau eine Konklusion aus Prämissen folgt, ist die Hauptaufgabe der Logik.

Beispiel 1 respektiert die Ordnung "Prämissen, Schlußwort, Konklusion". Im Alltag gibt es Varianten, die davon abweichen. Dies kann an alternativen Formulierungen von Beispiel 1 gezeigt werden: (1) "Alle Spitzensportler sind ehrgeizig. Wer ehrgeizig ist, liebt die bewundernden Blicke der Mitmenschen. Alle Spitzensportler lieben also die bewundernden Blicke der Mitmenschen." In diesem Satz steht das Schlußwort in der Konklusion. (2) "Alle Spitzensportler lieben die bewundernden Blicke der Mitmenschen, da alle Spitzsportler ehrgeizig sind und alle ehrgeizigen Menschen die bewundernden Blicke der Mitmenschen lieben." In diesem Satz dagegen steht die Konklusion vor dem Schlußwort und den Prämissen. Für beide Beispiele gilt, daß eine Ordnung "Prämissen - Schlußwort - Konklusion" hergestellt werden kann, ohne daß sich dadurch die Bedeutung des Schlusses ändert. In der Folge betrachten wir diese Anordnung als Standardform von Schlüssen.

Beispiele 2: Weitere Beispiele für Schlüsse.

(1) "Wenn Kupfer ein Metall ist, dann leitet Kupfer Strom. Kupfer ist ein Metall. Also leitet Kupfer Strom."
(2) "Kant ist ein wichtiger Philosoph. Wichtige Philosophen sind berühmt. Daraus folgt, daß Kant berühmt ist."
(3) "Alle Menschen sind eitel. Anton ist ein Mensch. Folglich ist Anton eitel."
(4) "Wenn es hagelt, dann entstehen Ernteschäden. Wenn Ernteschäden entstehen, dann sinkt das Einkommen von Bauer Ramseier. Wenn das Einkommen von Bauer Ramseier sinkt oder wenn die Leitzinsen der Nationalbank steigen, dann hat er Mühe, seine Hypothekarzinsen zu zahlen. Es hagelt. Somit hat der Bauer Ramseier Mühe, seine Hypothekarzinsen zu zahlen."
(5) "Alle Marder sind Tiere. Demnach sind alle Marderzähne Tierzähne."

II. Unabhängigkeit vom Gegenstand der Untersuchung



Wir betrachten einige Schlüsse, die wir gefühlsmäßig problemlos als gültig erkennen:

Beispiele 3:

(1) "Wenn Anna Fieber hat, ist sie vielleicht erkältet. Anna hat Fieber. Also ist sie vielleicht erkältet."
(2) "Wenn im Bereiche der natürlichen Zahlen 6 durch 2 teilbar ist, dann ist 6 eine gerade Zahl. Im Bereiche der natürlichen Zahlen ist 6 durch 2 teilbar. Also ist 6 eine gerade Zahl."
(3) "Wenn Kochsalz wasserlöslich ist, dann löst sich Kochsalz auf, sobald es mit Wasser in Berührung kommt. Kochsalz ist wasserlöslich. Also löst sich Kochsalz auf, sobald es mit Wasser in Berührung kommt."
(4) "Wenn Gott die Menschen liebt, dann holt er sie früher oder später zu sich. Gott liebt die Menschen. Also holt er sie früher oder später zu sich."
(5) "Wenn Bernhard geldgierig ist, dann ist er ein fleißiger Mensch oder ein Gauner. Bernhard ist geldgierig. Also ist er ein fleißiger Mensch oder ein Gauner."

Diese Schlüsse weisen alle dieselbe Struktur auf, obwohl sie Inhalte aus unterschiedlichen Wissensgebieten aufweisen. Die gemeinsame Struktur der obigen Beispiele erhalten wir, indem wir etwa in (2) den Satz "Im Bereiche der natürlichen Zahlen ist 6 durch 2 teilbar." durch "p" ersetzen und den Satz "6 ist eine gerade Zahl." durch "q". (2) wird dann zu:

"Wenn p, dann q. p. Also q."

In diesem Schlußschema kommen "p" wie "q" je zweimal vor. Statt zu sagen "'p' kommt zweimal vor.", verwenden wir auch den Ausdruck "Es gibt zwei Vorkommen von 'p'." Setzen wir für jedes Vorkommen von "p" jeweils denselben Satz ein und setzen wir für jedes Vorkommen von "q" jeweils denselben Satz ein, so erhalten wir Schlüsse mit derselben Struktur wie Beispiele 3. So können wir etwa für "p" den Satz "Zermatt liegt am Fuß des Matterhorns." und für "q" den Satz "In Zermatt hat es viele Touristen." einsetzen. Wir erhalten den Schluß: (6) "Wenn Zermatt am Fuß des Matterhorns liegt, dann hat es in Zermatt viele Touristen. Zermatt liegt am Fuß des Matterhorns. Also hat es in Zermatt viele Touristen." Dieser Schluß ist gültig wie alle Schlüsse, die wir durch korrektes Einsetzen von beliebigen Sätzen in das obige Schlußschema erhalten.

Dies legt den Gedanken nahe, daß die Gültigkeit von Schlüssen nicht vom Inhalt der Sätze, sondern nur von der Struktur der Schlüsse abhängt. Deshalb interessiert sich der Logiker nicht für spezielle Schlüsse, sondern für die Struktur von Schlüssen. In den Sätzen in Beispiele 3 erhalten wir die Struktur, von der die Gültigkeit der Schlüsse abhängt, indem wir ganze Sätze durch sogenannte Satzbuchstaben ( "p", "q", "r", "s", "t", ...) ersetzen. Die Satzbuchstaben markieren die Stellen, wo wir Sätze einsetzen können. Die Strukturen eines Schlusses X, die wir durch Ersetzen von ganzen Sätzen durch Satzbuchstaben erhalten, nennen wir "aussagenlogische Strukturen von X". Ersetzen wir in einer aussagenlogischen Struktur Y des Schlusses X die Satzbuchstaben durch Sätze, nennen wir die dadurch entstehenden Schlüsse "Einsetzungsinstanzen der aussagenlogischen Struktur Y von X".

Einem Schluß kann man unter Umständen mehr als eine einzige aussagenlogische Struktur zuordnen. Den Schluß "Wenn es regnet oder schneit, dann fällt Niederschlag. Es regnet oder schneit. Folglich fällt Niederschlag." können wir übersetzen mit (1) "Wenn p oder q, dann r. p oder q. Somit r." Dabei interpretieren wir "p" als "Es regnet.", "q" als "Es schneit." und "r" als "Es fällt Niederschlag." Das Schlußschema (1) ist gültig. Wir könnten den Schluß aber auch mit (2) "Wenn p, dann q. p. Somit q." wiedergeben, indem wir "Es regnet oder es schneit." mit "p" und "Es fällt Niederschlag." mit "q" übersetzen. Wir erhalten ein weniger detailliertes Schlußschema, das aber ebenfalls gültig ist. Schließlich können wir dem Schluß (3) "p. q. Somit r." zuordnen, indem wir "Wenn es regnet oder schneit, dann fällt Niederschlag." mit "p" wiedergeben, "Es regnet oder schneit." mit "q" und "Es fällt Niederschlag." mit "r". (3) ist ein ungültiges Schlußschema. (1) und (2) unterscheiden sich von (3) insofern, als (1) und (2) einem gültigen Schluß ein gültiges Schlußschema zuordnen. Dies ist bei (3) nicht der Fall. (1) unterscheidet sich von (2) durch unnötige Detailliertheit. Das Ziel der Herausarbeitung der Struktur eines Schlusses besteht nicht in einer möglichst detaillierten Abbildung der Sätze des Schlusses, sondern in einer Rekonstruktion der einfachsten Struktur, die für die Gültigkeit des Schlusses bürgt. Deshalb ziehen wir (2) der Übersetzung (1) vor.

III. Gültigkeit und Ungültigkeit von Schlüssen



Nicht jede Reihe von Sätzen, die ein Schlußwort enthält, stellt einen gültigen Schluß dar. Dies kann am folgenden Beispiel gesehen werden: "Anton geht nach Hause. Berta singt ein Lied. Also ist Velofahren ein Volkssport."

Wir nehmen folgende vorläufige Definition von "aussagenlogisch gültiger Schluß" vor:

Ein Schluß X ist aussagenlogisch gültig genau dann, wenn es eine aussagenlogische Struktur von X gibt, derart daß für jede Einsetzungsinstanz dieser Struktur gilt: Wenn die Prämissen wahr sind, dann ist die Konklusion wahr.

Bei dieser Festlegung verwenden wir das Wort "wahr" undefiniert. Eine Definition dieses Wortes wird später geliefert. Das alltägliche, intuitive Wahrheitsverständnis reicht vorläufig für unsere Zwecke. Im allgemeinen haben wir keine Probleme zu bestimmen, ob ein Satz wahr oder falsch ist: Der Satz "Im Jahr 1994 besaß kein Schweizer ein Auto." ist falsch. Der Satz: "Im Jahr 1994 stand in Bern eine gotische Kirche." ist wahr.

Wenn wir "wahr" zwar auch nicht definieren, so können wir dessen Gebrauch doch etwas näher charakterisieren: wir gehen davon aus, daß jeder Satz entweder wahr oder falsch ist und daß folgendes gilt: (1) Ein Satz ist genau dann falsch, wenn er nicht wahr ist. (2) Ein Satz ist genau dann wahr, wenn er nicht falsch ist.

Aus der obigen Festlegung der Gültigkeit eines Schlusses folgt: Gibt es für jede aussagenlogische Struktur von X eine Einsetzungsinstanz, derart daß die Prämissen wahr sind und die Konklusion falsch ist, dann ist der Schluß X aussagenlogisch ungültig.

Demnach kann ein Schluß gültig sein, obwohl die Prämissen des Schlusses falsch sind. Dies kann mit einigen Beispielen gezeigt werden:

Beispiele 4:

(1) Der folgende Schluß ist gültig, eine Prämisse ist falsch, die andere wahr. Die Konklusion ist wahr: "Wenn Fury ein Pferd ist, dann ist Fury ein Fisch. Wenn Fury ein Fisch ist, dann ist Fury ein Wirbeltier. Also gilt: Wenn Fury ein Pferd ist, dann ist Fury ein Wirbeltier."

(2) Der folgende Schluß ist gültig, beide Prämissen sind falsch, die Konklusion ist wahr: "Wenn Peter ein Wal ist, dann ist Peter ein Fisch. Wenn Peter ein Fisch ist, dann ist Peter warmblütig. Daraus folgt: Wenn Peter ein Wal ist, dann ist Peter warmblütig."

(3) Der folgende Schluß ist gültig, aber alle Sätze des Schlusses sind falsch: "Wenn Anna eine Mexikanerin ist, dann ist Anna eine US-Bürgerin. Wenn Anna eine US-Bürgerin ist, dann ist sie eine Bürgerin von Usbekistan. Folglich gilt: Wenn Anna eine Mexikanerin ist, dann ist sie eine Bürgerin von Usbekistan."

(4) Wie das folgende Beispiel zeigt, können alle Sätze eines ungültigen Schlusses wahr sein: "Schlangen lieben die Wärme. Bergsteigen ist nicht ungefährlich. Also gibt es in Paris sehenswerte Museen."

Die Definition der aussagenlogischen Gültigkeit von Schlüssen hat folgende praktischen Konsequenzen:

(1) Wer die Prämissen eines gültigen Schlusses als wahr betrachtet, muß auch die Konklusion dieses Schlusses als wahr betrachten.

(2) Wenn die Prämissen eines gültigen Schlusses wahr sind, dann können wir auf die Wahrheit der Konklusion vertrauen.

(3) Wer die Konklusion eines gültigen Schlusses ablehnt, muß mindestens eine der Prämissen ablehnen.

Einen ungültigen Schluß nennen wir "Fehlschluß" oder "Trugschluß".

IV. Gründe für die Formalisierung



Wer im vorliegenden Buch ein wenig blättert, stellt fest, daß wir eine eigens für die Logik entwickelte Zeichensprache verwenden. Man mag sich vielleicht fragen, weshalb eine solche formale Sprache überhaupt nötig ist.

"(x + y)2 = x2 + 2xy + y2" ist eine relativ unkomplizierte algebraische Formel, deren Bedeutung wir unmittelbar erkennen, sofern wir eine gewisse mathematische Ausbildung genossen haben. Verzichten wir auf jegliche algebraischen Symbole und geben wir diesen Satz in deutsch wieder, erhalten wir folgendes Ungetüm: "Bilden wir das Quadrat der Summe zweier Zahlen, erhalten wir dieselbe Zahl wie die, die wir erhalten, wenn wir das Quadrat der ersten Zahl zum Produkt von 2, der ersten und der zweiten Zahl addieren, und zu dieser Summe das Quadrat der zweiten Zahl hinzuzählen."

Die Vorteile der Formalisierung springen ins Auge:

(1) Die Formalisierung ist kürzer. Wir müssen weniger schreiben.

(2) Die Formalisierung ist schneller zu verstehen.

(3) Die Formalisierung ist klarer. Wir vermeiden den falschen Bezug von Relativpronomen und Ausdrücken wie "die erste Zahl", "die zweite Zahl" und "zu dieser Summe". Dadurch werden Mißverständnisse und Mehrdeutigkeiten ausgeschaltet. Diese Vorteile sind so wichtig, daß in der Mathematik Formalisierung unverzichtbar ist. Sie gelten auch in der Logik. Ohne Formalisierung wird es schwierig sein, folgenden Schluß auf seine Gültigkeit hin zu prüfen.

"Wenn die Grundbedürfnisse der Menschen nicht befriedigt sind, dann ist der Friede in Gefahr, sofern jemand der Unzufriedenheit öffentlich Ausdruck verleihen kann. Wenn Repression effizient organisiert ist, vermag sie zu verhindern, daß jemand der Unzufriedenheit öffentlich Ausdruck verleihen kann. Die Grundbedürfnisse der Menschen sind nicht befriedigt oder sie haben nicht zu wenig zu essen. Wenn der Staat genügend Steuern erheben kann, macht er eine großzügige Sozialpolitik oder die Repression ist effizient organisiert. Der Staat kann genügend Steuern erheben und die Menschen haben zuwenig zu essen. Zudem macht der Staat keine großzügige Sozialpolitik. Wenn der Friede nicht in Gefahr ist, dann machen die Waffenhändler schlechte Geschäfte und die Waffenproduzenten bauen Stellen ab. Wenn die Waffenproduzenten Stellen abbauen, ist der konservative Gewerkschaftsflügel unzufrieden, während der linke Gewerkschaftsflügel die günstige Gelegenheit wahrnimmt, um Pläne für die Umstellung der Rüstungsbetriebe auf die Produktion ziviler Gütern zu entwerfen. Somit nimmt der linke Gewerkschaftsflügel die günstige Gelegenheit wahr, um Pläne für die Umstellung der Rüstungsbetriebe auf die Produktion ziviler Güter zu entwerfen."


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